Mit dem „Strafrechtsänderungsgesetz 2018“ sollen auch die berüchtigten „Anti-Terror-Paragrafen“ novelliert werden. Damit können kämpferische Gewerkschaften und kritische NGOs noch leichter unter Terrorismusverdacht geraten.

Aufgrund der sog. Anti-Terror-Richtlinie der EU wurden in das österreichische Strafgesetzbuch bereits in den vergangenen Jahren hochproblematische „Anti-Terror-Paragraphen“ eingefügt – die §§ 278 b, d, e, f. Diese sind so dehnbar formuliert, dass gesellschaftskritische Arbeit leicht unter Terrorverdacht gerät.

So etwa gilt eine Straftat als „terroristisch“, wenn „die Tat geeignet ist, eine schwere oder längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens oder eine schwere Schädigung des Wirtschaftslebens herbeizuführen und mit dem Vorsatz begangen wird, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu erschüttern oder zu zerstören.“ (§ 278c, Abs. 1).

Das ist demokratiepolitisch hochgefährlich. Denn: Gewerkschaftliche Streiks, Boykottaufrufe, Autobahnblockaden oder Kohlegrubenbesetzungen von Klimaschützern – das alles kann rasch als „Störung des öffentlichen Lebens“ oder „Schädigung des Wirtschaftslebens“ interpretiert werden. Und Menschen, die sich zusammenschließen, um das neoliberale System zu überwinden oder aus den EU-Verträgen auszusteigen, können rasch der „Erschütterung der politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen“ bezichtigt werden.

Keine Giftzähne mehr ziehen…
Doch es gab im Abs. 3 des § 278c noch eine gewisse Einschränkung, die verhindern sollte, dass die Anti-Terror-Keule allzu rasch gegen gesellschaftsverändernde Kräfte geschwungen werden kann. Im § 278c, Abs. 3 heißt es: „Die Tat gilt nicht als terroristische Straftat, wenn sie auf die Herstellung oder Wiederherstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse oder die Ausübung oder Wahrung von Menschenrechten ausgerichtet ist.“ Er wurde zum Schutz von Organisationen, Gewerkschaften und NGOs geschaffen, damit diese nicht für ihren Einsatz für Grund- und Freiheitsrechte unter den Hammer dieser Paragrafen geraten, wie es z.B. 2008 Tierschützern passierte.

Doch genau diesen Abs 3 des § 278 c wollen die Regierungsparteien nun beseitigen. Die schwarz-blaue Begründung: Die EU-Terrorismus-Richtlinie sei „zu allgemein, um darauf eine Ausnahme sogenannter Freiheitskämpfer vom Tatbestand § 278a StGB zu gründen.“

Wir beginnen zu ahnen, was die Regierung mit dem Abschaffen des „Golden Plating“ versteht. Gab es früher teilweise noch Versuche, solchen gemeingefährlichen EU-Richtlinien den einen oder anderen Giftzahn – siehe Absatz 3 des §278c - zu ziehen, so ist es nun mit diesen Skrupeln vorbei. Was ein „Freiheitskämpfer“ ist, bestimmen die Mächtigen und wer diesen nicht genehm ist, der soll als „Terrorist“ mit den §§ 278 ff in der Mangel genommen werden können. Einschränkungen wie der Abs 3 sind bei dieser Machtwillkür bloß hinderlich. Also weg damit!

… sondern neue einsetzen
Um diese Willkür der Mächtigen auszudehnen, sollen die „Anti-Terror-Paragrafen“ einen weiteren Giftzahn bekommen. So soll in Hinkunft auch der § 126b StGB „Störung der Funktionsfähigkeit eines Computersystems“ als terroristischer Straftatbestand in den Abs. 1 des §278c eingefügt werden. Das ist brisant. Denn es bedeutet, dass auch Online-Mobilisierungen der Zivilgesellschaft rasch ins Fadenkreuz des Antiterrorkampfes geraten können. Z.B. die Aufforderung, zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt massenhaft die Kontaktformulare von Unternehmen oder Behörden zu nutzen oder E-Mail Apelle zu starten, um gegen bestimmte Geschäftspraktiken oder eine politische Maßnahmen zu protestieren. Oder wenn sich tausende Menschen von ELGA (Elektronische Gesundheitsakt) zu einem bestimmten Zeitpunkt abmelden weil, wie jüngst passiert, die schwarz/blaue Bundesregierung die Möglichkeit schafft, dass unsere Gesundheitsdaten an Pharmaunternehmen verkauft werden können.
Auch diese Maßnahme will die schwarz-blaue Regierung ausdrücklich als „Umsetzung der EU-Richtlinie Terrorismus“ verstanden wissen. Statt unsere in der Verfassung garantierten Grund- und Freiheitsrechte zu verteidigen, höhlt die Regierung diese immer mehr aus.

Eveline Steinbacher
(Juni 2018)