Am 4. April 2018 beteiligten sich in Linz rund 200 Menschen an der Demonstration "Überwachungspaket stoppen". Eveline Steinbacher (Solidarwerkstatt) warnt in ihrer Rede vor der Kriminalisierung von politischen Engagement durch Überwachungspaket und durch die sog. EU-"Anti-Terror-Richtlinie".

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Anwesende,

es freut mich heute hier zu sein, und gleichzeitig macht es mich traurig, der Anlass macht mich traurig, und auch wütend,
dass wir schon wieder unsere Grund und Freiheitsrechte - die in unserer Verfassung verankert sind - verteidigen müssen,
verteidigen müssen, vor den grundrechtswidrigen Eingriffen der Bundesregierung!

Das Maßnahmen, wie Bundestrojaner, Ausbau der Videoüberwachung, Überwachung aller Autofahrer etc,
tatsächlich geeignete Mittel sind, notwendig sind, um Verbrechen zu verhindern, bezweifeln selbst Juristen.

Stellt sich daher die Frage: Gegen wen richtet sich diese Überwachungspaket? Was steckt hinter dieser Misstrauensbekundung der BundesRegierung?

Schauen wir uns an, in welche Politik dieses Überwachungspaket eingebettet ist. Wenn wir uns das aktuelle Regierungsprogramm anschauen, dann sehen wir: Es ist eine Politik des Sozialabbaus, der verschärften sozialen Ungleichheit, der Einschränkung gewerkschaftlicher und demokratischer Rechte, des enthemmten Freihandels und der zunehmenden Aufrüstung und Militarisierung.

Wir sehen, dass diese Politik nicht nur in Österreich gemacht wird, sie wird EU-weit gemacht – und EU-weit geht sie Hand in Hand mit dem Schnüren von Überwachungspaketen.

Das ist kein Zufall: Denn viele Maßnahmen des aktuellen Überwachungspakets gehen auf die sog. „Antiterror-Richtline“ der EU zurück – wie z.B. der Bundestrojaner, die Ausweitung von Videoüberwachung und Lauschangriff usw. Und – was besonders bedenklich ist – diese Antiterror-Richtlinie definiert einen „Terrorismusbegriff“, der so weit gefasst und so dehnbar ist, dass politisches Engagement, dass soziale Proteste rasch kriminalisiert werden können und ins Fadenkreuz des Überwachungsstaates geraten. Dieser Terrorismusbegriff ist so weit und so vage, dass eine Aktion wie die Besetzung der Hainburger Au oder gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen wie Streiks rasch unter Terrorverdacht geraten können.

Damit komme ich zu meiner Ausgangsfrage zurück: Gegen wen richtet sich das Überwachungspaket? Ich befürchte, wir müssen begreifen: Dieses Überwachungspaket richtet sich gegen UNS. Damit meine ich, gegen Menschen,

- die sich gegen Sozial- und Demokratieabbau einsetzen
- die sich gegen Aufrüstung und Waffenexporte
- die sich für Umweltschutz und Tierrechte engagieren.

Denn Überwachung, Bespitzelung und Repression sind Mittel, um sozialen Protest und demokratisches Engagement einzuschüchtern, um Menschen zu entmutigen, mundtot zu machen und auseinanderzudividieren. Der Ausbau des Überwachungsstaates dient nicht - wie vorgegeben - unserer Sicherheit, er dient vielmehr der Einzementierung einer Politik, die immer mehr soziale und politische Unsicherheit und Ohnmacht für die große Teile der Bevölkerung bringt.

Daher mein Aufruf: Tun wir alles, um dieses Überwachungspaket und die Umsetzung der sogenannten „Anti-Terror-Richtlinie" der EU zu verhindern! Und vor allem: Lassen wir uns nicht einschüchtern, entmutigen, mundtot machen und auseinanderdividieren. Der Kampf für Meinungsfreiheit und gegen Überwachung und Bespitzelung sind zwei Seiten einer Medaille, oder wie es Edward Snowden treffend formuliert hat:

"Zu sagen mich interessiert die Überwachung nicht,
denn ich habe nichts zu verbergen, ist,
als würde man sagen, mich interessiert Meinungsfreiheit nicht,
denn ich habe keine Meinung."

Stoppen wir das Überwachungspaket - gemeinsam!

Vielen Dank!

Weitere Hinweise:
Presseaussendung epicenter works zur Demo am 4. April in Linz
Hintergründe zum Überwachungspaket?