Die niederösterreichische EVN kündigt eine „Nachdenkpause“ bei der Einführung von „intelligenten Strommessgeräten“ (Smart Meter) an. Der Grund: Fehlender Datenschutz und die Gefahr von Hackerangriffen bzw. die generelle Unsicherheit dieser Technologie. Damit bestätigt die EVN, wovor die Solidarwerkstatt und viele andere Smart-Meter-KritikerInnen seit langen warnen.

Nachdem Probleme mit der Unsicherheit und den Rechtswidrigkeiten bei den elektronischen Überwachungszähler Smart Meter nicht mehr zu ignorieren ist, verordnet der Stromnetzbetreiber in Niederösterreich EVN, deren Tochter Netz Niederösterreich Gmbh, eine mindestens einjährige Nachdenk- und Montagepause in der Causa Smart Meter. Ein Sprecher der EVN begründet am 20.11.2017 die Nachdenkpause folgendermaßen: „Der Datenschutz und die Datensicherheit, aber auch der Gesamtschutz des System sind noch nicht so weit, wie sie sein sollten“. (1) Die Solidarwerkstatt und viele andere KritikerInnen haben wiederholt auf diese Gefahren durch die Smart-Meter-Technologie hingewiesen.

EVN gibt fehlenden „Gesamtschutz“ zu

Aufgrund der Tatsache, dass die von der Europäischen Union zwangsverordnete Einführung der elektronischen Überwachungszähler Smart Meter ein beträchtliches Risiko von ca. 5,5 Milliarden Euro auf Kosten der Stromkunden, Stromversorger und Wirtschaft darstellen, können wir die Nachdenkpause der Netz NÖ Gmbh nur wärmstens begrüßen. Dass die von der EU vorgeschriebene Durchdringungsrate mit Smart Metern - mindestens 80% aller Stromanschlüsse - bis Ende 2017 in Niederösterreich bei weitem nicht erfüllt wird (derzeit rd. 9%), zeigt von gewisser Weitsichtigkeit und kaufmännischer Sorgfalt. Es muss aber auch erwähnt werden, dass die 9% bisher montierten Überwachungszähler, exakt um 9% zuviel sind.

Denn: Niemals wird ein solches elektronisches System wie Smart Meter/Grid vor Angriffen, egal ob Überwachungsbehörde, Militär, Geheimdienst oder Hacker, so abgesichert werden können, dass es als manipulationssicher eingestuft werden kann. Darum gelten laut der Datenschutzverordnung 2000, unter anderem der Vorsatz von absoluter Datensparsamkeit und die Untersagung der nichtautorisierter Weitergabe von personenbezogenen Daten. Aber genau solche, Personen zuordenbare Daten, werden durch den Überwachungszähler Smart Meter in eklatanter Größenordnung von der Stromkunde regelmäßig abgegriffen.

Nur um ihren Stromverbrauch zu erheben? Das kann der analoge Ferraris Zähler wesentlich billiger mit erheblich längerer Lebensdauer, ohne selbst Strom zu verbrauchen und keinerlei Möglichkeit zur Manipulation aus der Ferne. (5)

Damit ist die Überraschung aus Niederösterreich ein folgerichtiger aber vorerst nur ein erster Schritt, raus aus der Überwachungstechnologie elektronische Zähler wie Smart Meter. Wer in Österreich ist schon begeistert von der Vorstellung, in ständiger Angst leben zu müssen, dass Stromversorger und somit auch ihre Kunden durch jederzeit mögliche Manipulationen am Smart Meter - unbedarfter oder krimineller Natur, zum Beispiel durch Hacker - stromlos werden. Der massive Schaden und die Kosten dafür sind unüberschaubar, und vom wem zu bezahlen?

Aggressive Netzbetreiber in OÖ

Bei den oberösterreichischen Netzbetreibern ticken die Uhren dagegen ganz anders als in Niederösterreich. Insbesondere die Linz AG geht mit großer Aggressivität – z.B. mit Klagen - gegen Kunden vor, die von ihrem Recht auf ein Opting-out Gebrauch machen wollen. Die Solidarwerkstatt hat einen „Rechtshilfefonds Smart Meter“ (sh unten) eingerichtet, um das Kostenrisiko für Betroffene zu senken.

Wirtschaftsministerium will Opting-out beseitigen

Und das Wirtschaftsministerium möchte durch eine Novellierung der Smart Meter-Verordnung (IMO-Verordnung 2017) überhaupt das Recht auf Opting-out beseitigen – mit Hilfe eines Tricks: Wer ein Opting-out beantragt, soll trotzdem einen Smart Meter bekommen, bei dem nur einige Funktionalitäten (z.B. Viertelstundentaktung) nicht aktiviert sind. Diese können jedoch jederzeit aus der Ferne wieder aktiviert werden, die KundInnen haben überhaupt keine Möglichkeit zu überprüfen, ob bzw. welche Funktionen aktiviert oder deaktiviert sind. Durch diese Novelle soll im Grunde die bisherige – gesetzeswidrige – Vorgehensweise vieler Netzbetreiber im Nachhinein „legalisiert“ werden. Der Kotau vor der Technik-, Strom- und Überwachungsindustrie kann kaum größer ausfallen.

Lassen wir uns das nicht gefallen! Nutzen wir daher weiterhin unsere rechtsverbindliche Möglichkeit eines Opt-Out vor dem Überwachungszähler Smart Meter. Dieses Recht wurde im § 83 des Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetz (ElWOG 2010) formuliert. Fordern wir weiter den Ferraris-Zähler als zuverlässigen Stromzähler im Haushalt! Machen wir uns politisch stark, dass diese EU-Richtlinie zur Einführung von Smart Metern nicht umgesetzt wird.

Rudolf Schober
(04.12.2017)

Quellen:
(1) http://noe.orf.at/news/stories/2878891/

Rechtshilfe Smart Meter:
>>> Bitte unterstützen: Einige Netzbetreiber werden immer unverschämter. Sie versuchen mit allen Mitteln und Tricks, das Recht auf ein Opting-out zu umgehen. Besonders aggressiv und kundenfeindlich agiert dabei die Linz AG, die mittlerweile mit Klagen versucht, Kunden, die ihr Recht auf Opting-out wahrnehmen wollen, einzuschüchtern. Lassen wir das nicht zu! Um Menschen, die davon betroffen sind, zu unterstützen, ersuchen wir um Spenden auf das Konto: Solidarwerkstatt, IBAN: AT42 3477 7000 06274146, BIC: RZOO AT2L 777. Kennwort: Rechtshilfe Smart Meter. Vielen Dank!

 Nähere Informationen zu diesem Thema siehe
https://www.solidarwerkstatt.at/?view=article&id=1294:dossier-smart-meter-nein-danke