1) Verdreifachung der Militärausgaben
2) Militarisierung von Wirtschaft und Universitäten
3) Durchhaus für Kriegsmaterial- und Truppentransporte
4) Gebirgsjäger für EU-Armee
5) Demontage der Neutralität
6) Krieg - auch wenn es in keinen EU-Staat eine Mehrheit gibt

Verdreifachung der Militärausgaben

Einlass in die EU-SSZ finden nur jene, die – so fordert es der EU-Vertrag – „„anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf die militärischen Fähigkeiten erfüllen“, Art. 42, Abs 6, EU-Vertrag). Alle Mitglieder der EU-SSZ müssen sich ausdrücklich dazu verpflichten, ihre Militärausgaben ständig zu erhöhen. Es gibt zwar (noch) keine ausformulierten Vorgaben für diese Aufstockung der Militärhaushalte, aber man kann davon ausgehen, dass rd. 2% des BIP für Militärausgaben das informelle Ziel sind. Denn diese 2% sind bereits jetzt Richtwert für alle NATO-Mitgliedsstaaten, die die große Mehrheit in der EU-SSZ stellen. Auch das EU-Parlament hat 2017 – mit den Stimmen der SPÖ- und ÖVP-Abgeordneten! – die EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert, mittelfristig zumindest 2% für dasMilitär auszugeben. Für Österreich würden 2% Militärausgaben am BIP bedeuten, dass die Militärausgaben mittelfristig auf über 7 Milliarden steigen müssten. Zum Vergleich: 2015 waren es knapp 2 Milliarden. Das hieße plus 5 Milliarden und mehr als eine Verdreifachung. Laut Budgetplan soll der Militäretat bis 2019 zwar einstweilen „nur“ um 181 Millionen steigen, doch zusätzliche „Sonderbudgets“ für den Neuankauf von Waffen wurden von Regierungsmitgliedern bereits angekündigt. 3,5 Milliarden (rd. 1% am BIP) möchte die FPÖ bald erreichen.

Zum Vergleich, was diese zusätzlichen 5 Rüstungsmilliarden bedeuten:

  • Das entspricht ungefähr den Ausgaben, die in Österreich für den elementaren und primären Bildungsbereich ausgibt (Kindergarten/vorschulische Förderung, Volksschule)
  • Das entspricht mehr als dem Dreifachen der Ausgaben für die Notstandshilfe, die die neue Regierung abschaffen möchte.
  • Das ist in etwas das 5-Fache dessen, was derzeit für heißt diskutierte die Mindestsicherung in Österreich ausgegeben wird.
  • Um diese Summe könnten jedes Jahr rund 30 neue Krankenhäuser gebaut werden (Als Vergleich: Neubau des Spitals Oberwart mit 320 Betten).
Militarisierung von Wirtschaft und Universitäten

Noch stärker würde das Rüstungsbudget im engeren Sinn anwachsen, also das Budget für Rüstungsinvestitionen (v.a. Neuankauf von Waffen). Diese liegen derzeit bei rund 10% des gesamten Militärhaushalts (ca. 350 Millionen). Da aber die EU-SSZ vorschreibt, dass zumindest 20% der Militärausgaben für Rüstungsinvestionen verwendet werden müssen, müssten sich die Gelder für neue Waffensysteme schlagartig verdoppeln. Außerdem schreibt die EU-SSZ vor, dass zumindest 2% der Militärausgaben für Rüstungsforschung zur Verfügung stehen müssen. Entsprechend drängt das neue Regierungsprogramm auf die Einbeziehung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen in die großen EU-Aufrüstungsprogramme. Statt für die Verbesserung unserer Lebens- und Umweltbedingungen soll an den Unis vermehrt für neue Kriegswaffensysteme geforscht werden (z.B. Killerdrohnen, Laserwaffen).

Durchhaus für Kriegsmaterial- und Truppentransporte

Im Zuge des EU-Beitritts wurde das Kriegsmaterialgesetz immer mehr gelockert – mit der Folge, dass jetzt bereits Österreich ein Durchhaus für den Transport für Militäreinsätze und – manöver von NATO und EU geworden ist. So ergab zum Beispiel eine Parlamentarische Anfrage im Jahr 2015, dass zwischen 2011 und 2015 5.593 Militärtransporte durch Österreich genehmigt und durchgeführt wurden. Darunter auch die Transporte von Kriegsgerät in den Libyenkrieg. Im Jahr 2017 rollten 500 NATO-Militärfahrzeuge für Militärmanöver in Osteuropa, um gegenüber Russland mit dem Säbel zu rasseln. Das alles ist mit den Pflichten eines neutralen Staates unvereinbar.

Mit der EU-SSZ soll es aber noch schlimmer werden. Österreich hat nämlich gemeinsam mit Deutschland das EU-SSZ-Projekt „militärische Mobilität“ geschultert. Ziel dieses Projeks ist es, dass in Hinkunft schweres Kriegsgerät noch schneller und reibungsfreier kreuz und quer über den Kontinent gekarrt werden kann. Statt also endlich die neutralitätswidrigen Militärtransporte durch Österreich zu unterbinden, soll Österreich im Rahmen der der EU-SSZ selbst zum Antreiber solcher Transporte werden. Der Gärnter wird vollends zum Bock.

Gebirgsjäger für EU-Armee

Um Einlass in die EU-SSZ zu finden, hat Österreich sich besonders eifrig für die EU-Schlachtgruppen („EU-Battlegroups“) beworben. So stehen im ganzen Jahr 2018 hunderte österreichische SoldatInnen Gewehr bei Fuß, um auf Zuruf des EU-Rats innerhalb weniger Tage in einem Radius eingesetzt zu werden, der von Zentralafrika bis zum Kaukasus reicht. Bislang sind die EU-Battlegroups noch nicht eingesetzt worden. Mit der Einrichtung der EU-SSZ erwarten sich die Machthaber einen raschen Ersteinsatz. So betonte etwa die deutsche Kanzlerin Merkel, dass die EU-SSZ die Europäische Union in die Lage versetzt, rascher neue Militäroperationen „zum Beispiel in Afrika“ durchzuführen. Die österreichische Regierung will offensichtlich das Bundesheer vor allem als Gebirgskampftruppe der EU profilieren. So hat sich Österreich im Rahmen der EU-SSZ dazu verpflichtet, ein EU-Gebirgskampfzentrum in den österreichischen Alpen einzurichten. Das Bundesheer wirbt intensiv um Berufssoldaten für die EU-Battlegroups: "Wir sind ein attraktiver Arbeitgeber. Wir können eine lebenslange Anstellung garantieren.“ (1) Die kann möglicherweise nur sehr kurz sein und in einem Heimatflug im Zinksarg enden.

Demontage der Neutralität

Der Kern der EU-SSZ ist die Verpflichtung zur permanenten Aufrüstung und zur Bereitstellung von SoldatInnen und Waffen für weltweite EU-Kriegseinsätze. Diese können auch – siehe EU-Lissabon-Vertrag – ohne Zustimmung des UNO-Sicherheitsrats erfolgen. Das ist das glatte Gegenteil der Neutralität. Denn der Kern der Neutralität ist die Selbstverpflichtung des Neutralen, sich an keinen Kriegen und an keinen Organisationen, die der Vorbereitung auf Kriege dienen, zu beteiligen. Dazu gehört auch, in Friedenszeiten alles zu unternehmen, um nicht in kriegerische Konflikte und Rüstungswettläufe hineingezogen zu werden. Klare Schlussfolgerung: Die Teilnahme an der EU-SSZ ist völlig neutralitätswidrig. Das Neutralitätsgesetz steht nach wie vor in Verfassungsrang. Die Unterschrift von Kurz unter die Teilnahme Österreichs an der EU-SSZ ist daher ein Anschlag auf geltendes Verfassungsrecht.

Dass Kurz, Strache, Doskozil & Co gebetsmühlenartig erklären, dass die EU-SSZ mit der Neutralität vereinbar sei, ist eine freche Lüge. Eine Lüge freilich, die System hat. Seit dem EU-Beitritt wird von allen Regierungen an der scheibchenweisen Entsorgung unserer Neutralität gearbeitet ( Teilnahme an den EU-Battlegroups, der EU-Rüstungsagentur, uvm). Die Regierungen wissen, dass nach wie vor eine große Mehrheit der Menschen in Österreich für die Neutralität ist. Aus guten Grund: Denn viele Menschen wissen oder ahnen zumindest, dass die Neutralität ein Schutz vor der militärischen Abenteuerlust der eigenen Eliten ist, die immer wieder ins Verderben geführt haben.

Entsprechend verschlagen agiert die Politik. Einerseits wird jeder Schritt der EU-Militarisierung voll und ganz mitgetragen und andererseits beteuert, dass an der Neutralität nicht gerüttelt werden. Der frühere Verteidigungsminister Platter hat diese Politik der systematischen Lüge in einem seltenen Anflug von Wahrhaftigkeit auf den Punkt gebracht: „Die Neutralität ist tief im Herzen der Österreicher. Man muss behutsam sein und darf das nicht herausreißen. Es ist besser, eine Operation vorzubereiten, um das vorsichtig herauszuoperieren“ (Die Presse, 5.12.2003). Der deutsche Botschafter hat diese Heuchelei einmal offen verspottet: „Solang ihr mit uns in den Krieg zieht, ist uns euer Status egal.“ (Die Presse, 18.11.2004).

Wir wollen aber in keine Kriege ziehen! Die Neutralität steht nicht nur in Verfassungsrang, sie ist ein Bauelement der österreichischen Verfassung. Die einzigen, die über eine mögliche Abschaffung der österreichischen Neutralität entscheiden können, ist die österreichische Bevölkerung in einer Volksabstimmung. Außenminister Kurz hatte zwar die Macht, die Teilnahmebedingungen an der SSZ zu unterzeichnen, dieser Unterschrift fehlt aber jegliche Legalität und Legitimität. Wir müssen die österreichische Verfassung und Neutralität von unten gegen die zunehmende Willkür der eigenen Machthaber verteidigen!

Entmündigung des Parlaments

Die Regierung hat die Teilnahme an der EU-SSZ unterschrieben, ohne das Parlament dazu zu befragen. Und mit der EU-SSZ könnte bald eine weitere Entmündigung des Parlaments kommen. Derzeit nämlich muss zumindest der Hauptausschuss des österreichischen Parlaments noch seine Zustimmung geben, wenn österreichische Truppen im Ausland eingesetzt werden. Denn mit der Teilnahme an der EU-SSZ hat sich die Regierung auch dazu verpflichtet-SSZ fordert jedoch die teilnehmenden Staaten auf, die „nationalen Beschlussverfahren in Hinblick auf die Verfügbarkeit und die Verlegefähigkeit der Truppen“ so zu gestalten, dass ein „beschleunigtes politisches Engagement“ möglich ist. Im Klartext: Die EU will innerhalb von wenigen Tagen ihre Battlegroups von Zentralafrika bis zum Hindukusch einsetzen können. Öffentliche Debatten in den Parlamenten stören da nur.

Krieg – auch wenn es in keinen EU-Staat eine Mehrheit dafür gibt

Die EU-Kommission und die politischen Spitzen in Berlin und Paris wollen eine zentral geführte EU-Armee. Alan Posener, Kommentarchef der konservativen „Welt“ (BRD) und als solcher Chefpropagandist der EU-Militarisierung, erläutert zynisch, warum das EU-Establishment schon seit langem unbedingt eine EU-Armee will: „Europas Elite rüstet sich, um Krieg auch dann kollektiv führen zu können, wenn es in keinem einzelnen EU-Mitgliedsland dafür eine Mehrheit gibt.“ (Die Welt, 16.9.2007)

Dieses Ziel einer EU-Armee wird in Österreich sowohl von den Regierungsspitzen als auch dem Bundespräsident geteilt. FP-Chef HC Strache forderte sogar die Aufstellung „einer EU-Armee inklusive Atomwaffen“. Der Politikwissenschaftler Heinz Gärtner: „Dann fällt die Entscheidung über Leben und Tod in Brüssel.“ Das wollen viele Menschen nicht. Denn die Geschichte lehrt: Je größer die Armee, desto größer der Appetit der Machthaber auf militärische Abenteuer – frei nach dem Motto: Wer einen großen Hammer hat, erkennt in jedem Problem einen Nagel. Über die EU-SSZ will sich die EU daher unauffällig an eine solche Großmachts-Armee heranarbeiten. Ganz nach der Devise der EU-Kommissionspräsidenten J. C. Juncker: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt." (Der Spiegel, 27. Dezember 1999)


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