Laut Hagelversicherung geht in Österreich täglich eine Fläche von 30 Fußballfeldern an landwirtschaftlichem Boden durch Versiegelung verloren. Pro Jahr summiert sich das auf 73 km2, mehr als die Fläche der Stadt Salzburg. In den vergangenen 50 Jahren wurde so umgerechnet die Landwirtschaftsfläche Oberösterreichs verbaut. Boden der für nachfolgende Generationen für immer als Lebensgrundlage verloren geht. So kann es nicht weitergehen.

 
Der Boden wird u.a. für Megastraßenprojekte der sogenannten „Transeuropäischen Netze“ verbetoniert, um den Transitverkehr zu beschleunigen. Gemeinden und Städte widmen Ackerland in Bauland für neuen Siedlungsraum oder in Betriebsbaugebiet um. So verschwindet immer mehr wertvolles Ackerland unter Einfamilienhäusern, Straßen, Parkplätzen, Gewerbeparks oder Einkaufszentren. Dabei liegt Österreich, laut Hagelversicherung, mit einer Supermarktfläche von 1,8 Quadratmeter pro Kopf und einer Straßenlänge von 15 Meter pro Kopf im europäischen Spitzenfeld.

In 200 Jahren keine Agrarflächen mehr
Wenn diese Entwicklung so fortschreitet, wird es in Österreich in 200 Jahren keine Agrarflächen mehr geben. Gleichzeitig stehen in Österreich 40.000 Hektar Gewerbe-, Industrie- und Wohnimmobilien leer. Das entspricht der Fläche Wiens. Sie werden u.a. als Wertanlage gehortet. Boden muss in Österreich, aber auch anderswo, vor Spekulation und Landraub geschützt werden. Um weitere Asphaltierung und Verbetonierung wertvollen Bodens einzudämmen, müssen Gemeinde, Landes- und die Bundesregierung politisch dafür sorgen, dass Leerstände genutzt und umweltfreundlicher Mobilität und Fußläufigkeit anstelle der Autolastigkeit Vorrang gegeben wird.
Die Lebensgemeinschaft im Boden ist jedoch nicht nur durch Versiegelung und Verbauung bedroht, sondern auch von einer Vielzahl von Schadstoffen, wie Bauschutt und vergrabene Hinterlassenschaften von Betrieben. Aber auch die von der EU geförderten großindustriellen Agrarbetriebe mit ihren Monokulturen, setzen durch Düngemittel und Pestizide wie Glyphosat, Boden und Grundwasser zu. Immer schwerere Maschinen der Agrarindustrie führen zu weiterer Bodenerosion und Bodenverdichtung. Häufig bildet sich unterhalb der Reichweite der Pflugscharen, in etwa 30 cm Tiefe, eine kaum durchdringbare Schicht.

100 Jahre für 1 cm Humus
Der Schatz „Boden“ müssen geschützt werden, statt ihn weiter mit Füßen zu treten. Es dauert etwa 100 Jahre, um 1cm Humus erodierter Böden wieder aufzubauen. 95 Prozent unserer Nahrung wächst auf oder in ihm. Boden sichert aber nicht nur unsere Ernährung, sondern ist auch Lebensgrundlage für Tiere, Pflanzen, Pilze und Mikroorganismen. Letztere unterstützen Pflanzen und Bäume in ihrem Wachstum, stärken ihre Abwehrkraft und bauen chemische Verbindungen ab, die durch Mensch und Tier in den Boden gelangen.
Die fortschreitende Verbauung gefährdet die Eigenversorgung mit heimischen Lebensmitteln und wirkt sich negativ aufs Klima aus. Es kommt zu vermehrten Überschwemmungen und Vermurungen. Unverbetonierter Boden kann im Gegensatz dazu Wasser aufnehmen und Kohlenstoff speichern, und so dem Treibhauseffekt entgegenwirken. Anderen Orts gibt es zu wenig Regen. Lange Hitzeperioden lassen Bäche fast austrocknen, Fische sterben. In Wäldern sterben Bäume, insgesamt sind sie anfälliger für Borkenkäfer und Co.

Hier ein paar Fakten zum Bodenverbrauch in Österreich

  • In den letzten 10 Jahren wurden durchschnittlich 20 Hektar (= 30 Fußballfelder) pro Tag verbaut.
  • In den letzten 50 Jahren wurde umgerechnet die Landwirtschaftsfläche Oberösterreichs verbaut.
  • Österreich verliert jährlich 0,5 Prozent seiner Agrarflächen. Im Vergleich: Deutschland und die Schweiz verbauen 0,25 Prozent, Tschechien 0,17 Prozent.
  • Österreich hat mit 1,8 Quadratmeter die höchste Supermarktfläche pro Kopf; Italien: 1,0 Quadratmeter, Frankreich: 1,2 Quadratmeter.
  • Österreich hat mit 15 Meter pro Kopf eines der dichtesten Straßennetze; Deutschland: 7,9 Meter, Schweiz: 8,1 Meter pro Kopf.
  • In Österreich gibt es lt. Umweltbundesamt 400.000.000 Quadratmeter (= 40.000 Hektar) leerstehende Gewerbe-, Industrie- und Wohnimmobilien, das entspricht in etwa der Fläche der Stadt Wien.

Es gibt Alternativen!
Um diese negativen Entwicklungen aufzuhalten oder umzukehren, ist es nötig, nachhaltig für den Erhalt und Wiederaufbau fruchtbarer Böden zu sorgen. Es gibt Alternativen.

  • Zum einen in der Raumplanung und Verkehrspolitik: Der Flächenverbrauch der Schiene bezogen auf die Fahrleistung beträgt nur ein Sechstel von jenem der Straße. Also Schiene statt Transitlawine! Öffentlicher Verkehr statt neuer Megastraßen!
  • Zum anderen in der Landwirtschaft: Bodenbasierte Produktion, Erhaltung und Förderung natürlicher Bodenfruchtbarkeit und Gesundheit der Bodenlebewesen sowie der Aufbau von Humus sind Grundsätze biologischer Wirtschaftsweise. Sie setzt auf die Nährstoffversorgung der Pflanzen durch gesunden, lebendigen Boden anstatt auf leicht lösliche mineralische Dünger, wie sie in der EU-geförderten industriellen Landwirtschaft verwendet werden. Die gute Nachricht: Eine aktuelle Studie der BOKU Wien bestätigt, dass eine flächendeckende Umstellung auf biologische Landwirtschaft die Nahrungsmittelversorgung der österreichischen Bevölkerung sicherstellen kann, wenn vermeidbare Lebensmittelabfälle um 25% oder der Fleischkonsum um 10% reduziert werden. Das sichert und schafft außerdem Arbeitsplätze und schont das Klima durch kurze Transportwege.

Die Veränderung unseres Konsumverhalten wird jedoch nicht reichen. Um diesen Wandel zu erreichen, ist es unbedingt notwendig, dass die Politik notwendigen Rahmenbedingungen zur Durchsetzung schafft. Insbesondere braucht des den Ausstieg aus den aggressiven Freihandelsregimen (EU-Binnenmarkt, Freihandelsverträge), die einer ökosozialen Regulierung im Weg stehen. Den Menschen, Tieren, der Umwelt und dem Boden zuliebe.

Eveline Steinbacher
(Juni 2018)

Quellen: https://www.hagel.at/presseaussendungen/wir-verlieren-den-boden-unter-unseren-fuessen-oesterreich-ein-land-ohne-aecker-zukunftslos/06. Juni 2018
Dünne Haut der Erde, in: Forum Gesundheit 3/2016